Von Zahnarztpraxis Dr. Rohloff

Wie kommt es, dass immer mehr „Professionelle Zahn-Reinigungen“ (abgekürzt: PZR) in Deutschland durchgeführt werden, inzwischen beinahe jede Zahnarzt-Praxis hierzulande diese anbieten und derzeit sogar die Gesetzlichen Deutschen Krankenkassen beginnen, die Kosten dafür zu tragen – was steckt dahinter? Braucht wirklich jeder eine „PZR“?

Dass Ansammlungen bestimmter Bakterien, die auf der Zahnoberfläche fest anhaften und dort die so genannte Plaque bilden, praktisch die alleinige Ursache sowohl der Karies als auch der Parodontitis sind, ist seit vielen Jahrzehnten bekannt. Gelänge es, diese Plaque-Bildung permanent zu verhindern, also die entsprechenden Bakterien ständig zu eliminieren, so wären Zahnschäden eine Seltenheit! Aber genau dieses ist schwer zu schaffen! Es müsste schon viel an Umständen, Gewohnheiten und Engagement zusammen kommen, damit eine PZR tatsächlich überflüssig wäre:

  • ein noch primär gesundes oder zumindest weitgehend unrestauriertes Gebiss (kaum Füllungen, Kronen, kein Zahnersatz vorhanden)
  • keine Zahnfehlstellungen, keine Zahnfehlbildungen
  • ein fast ständiger Verzicht auf Plaque-Bildung fördernde Speisen und Getränke (z.B. alle Süßigkeiten, Cola u.ä.)
  • Verzicht auf exzessiven Gebrauch von Genussmitteln, die sich auf den Zahnoberflächen ablagern (z.B. Tabak, Rotwein, Kaffee, Tee)
  • kauzwingende, den Speichelfluss fördernde Nahrung, alternativ täglich intensives Kauen zuckerfreier Kaugummi
  • permanent exzellente Zahnpflege, die absolut alle Zahnflächen (des gesamten Gebisses, auch aller Zwischenräume) umfasst – am ehesten erreichbar mit Schallzahnbürsten + Zahnseiden.

Und das sind nur die allgemein gültigen Basis-Fakten; leider können noch viele weitere Faktoren das gesunde Gleichgewicht im Munde stören (wie z.B. Medikamente, Schwächung des Immunsystems, Stress, Erkrankungen…).

Dennoch bleibt ein kleiner Prozentsatz in der erwachsenen Bevölkerung, der keine PZR benötigt!!

Die Patienten, denen eine PZR einen (wirklichen) Nutzen bringt, haben wiederum einen individuell unterschiedlichen Bedarf; wir empfehlen daher unterschiedliche Intervalle (PZR ein Mal pro Jahr bis hin zu Wiederholung der PZR alle 2 bis 3 Monate)! Außerdem sind die Inhalte* einer PZR bei uns sehr verschieden – auch sie sollten konkret auf die jeweiligen Bedürfnisse des Patienten (den Zustand des Gebisses / die Erkrankungen + Befunde der Zähne und des Mundraumes) zugeschnitten sein! (siehe Teil 2 von 3)

Bleibt die Frage, warum die PZR erst jetzt in den Fokus rückt, wenn sie doch bei fast jedem sinnvoll ist? Warum ist sie bei uns nicht schon seit langem üblich?
Dieses ist nicht so sehr eine Frage des Erkenntnisgewinns, sondern hat eher gesellschaftlich-historische Ursachen. In Deutschland lag die Betonung in der Tätigkeit der Zahnärzteschaft bisher auf „Zahnersatz“ – erst wenn Schäden an den Zähnen aufgetreten waren, wurde restauriert oder eben Zahnersatz angefertigt. Während z.B. in der Schweiz seit vielen Jahren der Beruf der „Dentalhygienikerin“ (Fachkraft, die in der Zahnarztpraxis ausschließlich und selbständig PZR durchführt) etabliert ist, wird erst in diesem Jahr der erste Bachelor-Studiengang zur Dentalhygienikerin in Deutschland angeboten. Daher sind die Leistungen, die in Deutschland unter dem Begriff „PZR“ erbracht werden, bislang inhaltlich (noch) sehr unterschiedlich und werden durch Mitarbeiterinnen unterschiedlicher Qualifikation erbracht. (Vergleiche Teil 3 von 3)

Je mehr Prophylaxe (Vorsorge) durchgeführt wird, desto weniger muss restauriert oder ersetzt werden – das spart Kosten für die Krankenversicherungen! In gewisser Weise beseitigt die PZR einen großen Teil des „Nachschubs an Arbeit“ für die Zahnärzte und vor allem Zahntechniker! Die Zahl der Zahntechniker ist in Deutschland auch dank besserer Prophylaxe rückläufig! Und auch die Zahl der Zahnärzte pro Kopf der Bevölkerung wird sich, dem dann sinkenden Bedarf folgend, verringern – noch haben wir hierzulande eine vergleichsweise hohe Zahnarzt-Dichte von rund 1 Zahnarzt pro 1.200 Einwohnern (zum Vergleich: Schweiz etwa 1 Zahnarzt pro 1.700 Einwohner, Österreich 1 ZA : 2.150 EW).

Bildquelle: © Anna_Omelchenko – photodune.net